Ein neues Buzzword macht dieser Tage auf den verschiedensten sozialen Plattformen die Runde: vom “Cultural Fit” ist aktuell zu lesen. Jüngst hat meta HR in Zusammenarbeit mit Employour die Studie “Unternehmenskulturelle Bewerberpassung: Bedeutung, Umsetzung, Ausblick” veröffentlicht.
Hellsehen statt Konzept
Die interessanteste Zahl der Studie und damit auch meine Zahl der Woche: 91 Prozent der Befragten nutzen den Lebenslauf und die Bewerbungsunterlagen, um den Cultural Fit von Kandidaten zu erfassen. Scheinbar haben die Kollegen ganz besondere, vielleicht sogar hellseherische Fähigkeiten, um anhand eines Schriftstücks zu interpretieren, ob Kandidaten in die Kultur des eigenen Unternehmens passen. WOW! Es wäre bahnbrechend für das Personalrecruiting. Dann wird uns wohl künftig der “Chief Candidate Visionary” statt aus der Glaskugel aus den zugesandten Lebensläufen lesen?
Schön wärs. Doch es zeigt einfach nur, dass der Begriff scheinbar inflationär genutzt wird, ohne ihn bzw. das damit verbundene Konzept wirklich zu verstehen. Denn über die Hälfte der Befragten (52,1 Prozent) gab an, kein auf die Beurteilung des Cultural Fit eines Kandidaten standardisiertes Verfahren einzusetzen, obwohl sich fast 70 Prozent für vertraut mit dem Konzept des Cultural Fit halten. Scheinbar setzt ein Großteil der Befragten auf das eigene Bauchgefühl, statt valide Messinstrumente einzusetzen (nur 18 Prozent gaben an, Persönlichkeitstests zu verwenden).
Kurze Nachhilfe
Liebe Kollegen, diese Ergebnisse zeigen, dass ihr eben nicht verstanden habt, was Cultural Fit bedeutet. Nein, es ist nicht der neue Heilsbringer, nicht die neue Mode, die man sich bis zum nächsten Trend auf die Fahnen schreibt, nur um dazuzugehören!
Aber was ist Cultural Fit denn nun? Die Bewerbungsunterlagen geben in der Regel Auskunft über die fachliche Eignung eines Bewerbers. Das heißt noch lange nicht, dass Person und ausgeschriebene Stelle bzw. ausschreibende Organisation auch zusammenpassen. Mit dem Konzept des Cultural Fit wird daher erfasst, wie groß die die Schnittmenge gemeinsamer Wertvorstellungen ist, also die sozialen und emotionalen Fähigkeiten. Denn eine Zusammenarbeit bringt langfristig nur dann gute Ergebnisse hervor, wenn auch das Team miteinander (statt gegeneinander) arbeitet. Dazu zählen aber auch die Arbeitsweisen des Bewerbers im Verhältnis zu denen der Organisation.
Christoph Athanas von meta HR hat folgenden Rat: “Der Schwerpunkt sollte dabei auf der Ermittlung der Wertepassung zwischen Kultur und Kandidat liegen. Unternehmenskulturen basieren auf Werten. Karrierewünsche oder Work-Live-Balance hingegen sind keine Cultural-Fit-Aussagen, sondern lebensabschnittsbedingte Vorlieben, die sich leicht ändern können.”
Zuviel Cultural Fit ist auch nicht gut
Es muss aber nicht immer vollständig deckungsgleich sein, denn beim Recruiting geht es nicht darum, das bestehende Team und seine Werte zu reproduzieren. Ein bisschen frischer Wind, andere Perspektiven und andere Arbeitseinstellungen sind gesund für die Unternehmenskultur.
Hier mal eine kleine Checkliste, wie man sich dem Thema Cultural Fit am besten nähert:
[su_service title=”Unternehmenskultur definieren” icon=”icon: check-square-o” icon_color=”#000000″ size=”20″]Was macht eure eigene Kultur im Unternehmen aus? Bevor ihr euch also mit dem Konzept des Cultural Fit befasst, solltet ihr überlegen, welche Wertvorstellungen euer Unternehmen und eure Arbeit prägen. Sprecht mit den Kollegen oder führt eine Mitarbeiterbefragung durch und holt euch Feedback. Denn die Unternehmenskultur entsteht aus der Gesamtheit der gelebten Werte, nicht aus der Denkweise eines Einzelnen. Dazu gehören neben euren Leitwerten auch eure Mission und eure Vision – was macht ihr, warum, für wen, wie und wo wollt ihr hin?[/su_service]
[su_service title=”Eure Arbeitgebermarke” icon=”icon: check-square-o” icon_color=”#000000″ size=”20″]Das Konzept des Cultural Fit beruht nicht nur auf der Unternehmenskultur, sondern auch auf der Arbeitgebermarke des Unternehmens. Ihr solltet euch also damit befassen, wer eure Kollegen sind und welche Kollegen ihr euch für das Team wünscht. Entsprechend ist auch die Bewerberkommunikation ausgerichtet. Hier sollten die Unternehmenswerte natürlich auch auftauchen, denn nur so bewerben sich auch die Kandidaten, die ihr gern wollt.[/su_service]
[su_service title=”Die passenden Tools” icon=”icon: check-square-o” icon_color=”#000000″ size=”20″]Jetzt wird es interessant, denn hier scheidet sich die Spreu vom Weizen. Während die “Chief Candidate Visionaries” mithilfe des Lebenslaufs die Passung überprüfen, nutzen die wahren Experten valide eignungsdiagnostische Instrumente. Um wirklich die passenden Kollegen zu finden, solltet ihr solche Instrumente, wie z.B. Persönlichkeitstests oder entsprechende Software-Tools, mit strukturierten (!!!) Interviews und Arbeitsproben kombinieren. [/su_service]
[su_service title=”Das Matching” icon=”icon: check-square-o” icon_color=”#000000″ size=”20″]Nun habt ihr eine Fülle an Daten vorliegen und ihr entscheidet, welcher Bewerber neues Mitglied des Teams wird. Wie bereits geschrieben, solltet ihr nicht immer auf die zu genaue Passung achten, je nach ausgeschriebener Stelle. Ihr wollt euer Unternehmen und die Teams weiterentwickeln? Es empfiehlt sich, genau zu überlegen, wohin ihr euch entwicklen wollt, welche Werte dabei wichtig sind. Denn vielleicht bringt einer der Bewerber genau diese künftigen Vorstellungen mit.[/su_service]