Geschlechtertypische Berufswahl als Ursache des Fachkräfteengpasses

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat über die letzten vier Jahre die Fachkräfteversorgung in 619 Berufsgattungen analysiert. Die Ergebnisse zeigen einmal mehr auf, dass Fachkräfteengpässe in einer ganzen Reihe von Berufen eine dauerhafte Herausforderung für Unternehmen sind. Was die Studie neben Ihrer breiten Datengrundlage (Statistik der Agentur für Arbeit) interessant macht, ist ihr Fokus auf die Geschlechterverteilung des Arbeitskräftepools in Engpassberufen.

Zur Erinnerung: Von einem Fachkräfteengpass sprechen Statistiker dann, wenn auf eine gemeldete offene Stelle weniger als zwei arbeitslos gemeldete Fachkräfte kommen. Das liegt daran, dass der Agentur für Arbeit nur die Hälfte aller offenen Stellen gemeldet werden. Ein starker Engpass liegt vor, wenn die Zahl der Arbeitslosen für den (theoretischen) Fall der Meldung aller offenen Stellen nicht ausreicht, um sie zu besetzen. Dieser starke Engpass ist die statistische Definition des Fachkräftemangels. Wie wir sehen besteht aktuell ein Fachkräfteengpass in 155 Berufsgattungen und ein Fachkräftemangel in 56 Berufsgattungen.
Engpassberufe im Zeitverlauf

Nach Berufsfeldern aufgeschlüsselt, stellt sich der Fachkräfteengpass wie folgt dar.

Anhaltende Fachkäfteengpässe nach Berufsfeldern

Besonders stark betroffen sind die Gesundheits- und Sozialberufe, die Bauindustrie sowie die Elektro- und Metallbranche und die Informationstechnik. Die Top Ten der Engpassberufe mit Berufsausbildung wird dabei von den technischen Berufen angeführt…

Top 10 Engpassberufe mit Berufsausbildung

…während der größte Mangel in Berufen mit Fortbildungsabschluss bei den Gesundheits- und Sozialberufen verzeichnet wird, allerdings auch hier dicht gefolgt von technischen Handwerksberufen.

Top 10 Engpassberufe mit Fortbildungsabschluss

Bei den akademischen Berufen bestehen die größten Enpässe an Informatikern und Ingenieuren.

Top 10 akademischer Engpassberufe

Für Recruiter soweit nichts Neues. Kommen wir zum spannenden Teil, der Aufschlüsselung der Fachkräfteengpässe nach geschlechtertypischen Berufen. Wie wir sehen, sind fast zwei Drittel der unter Fachkräfteengpässen leidenden Berufe geschlechtertypisch. Männertypische Berufe leiden dabei besonders stark unter Fachkräfteengpässen.

Geschlechtertypische Berufsgattungen mit Fachkräfteengpässen

Nach Berufsfeldern aufgegliedert stellt sich das Bild so dar:

Fachkräfteengpässe nach typischem Geschlecht und Berufsfeld

Die zentrale Erkenntnis für die HR-Branche und die Gesellschaft ist die Tatsache, das das traditionelle geschlechtertypische Berufswahlverhalten uns als Gesellschaft nachhaltig schadet. Hier sind wir gut beraten, auf breiter Front dagegen zu wirken. Die Autoren des IDW äußern aufgrund der straken Tradierung des Berufswahlverhaltens nur eine geringe Hoffnung, dass dies kurz- bis mittelfristig gelingt. Persönlich denke ich, dass die größte Herausforderung darin besteht, das gesellschaftliche Ansehen einer geschlechteruntypischen Berufswahl zu steigern. Das mag zwar dauern, ist aber langfristig der einzige Weg. Einen tollen Ansatz zeigt hier z.B. die “Vielfalt, MANN!” Kampagne der Hamburger Kindertagesstätten, über die Ihr bei Cyquest hier und hier lesen könnt.

Fest steht, dass wir dieses Problem nur lösen können, wenn Politik, Verbände und Unternehmen gemeinsam an einem Strang ziehen und endlich mehr machen, als den Mädchen – ähh Zukunftstag einmal im Jahr. Darüber hinaus müssen wir massiv in eine bessere Kinderbetreuung investieren, um das Arbeitskraftpotenzial von Teilzeitkräften endlich vollständig zu heben, wie die IDW-Studie ebenfalls deutlich macht. Aber das lest selbst nach, hier könnt Ihr die Studie “Fachkräfteengpässe in Unternehmen: Geschlechterunterschiede in Engpassberufen” beim IDW runterladen.

[HTTP410] Eine Ode an die Usability

Sie ist heutzutage in aller Munde – wenn auch selten im positiven Sinne: die Usability. Man wird kaum jemanden den Satz sagen hören: „Das hier ist die User Experience meines Lebens!“ Eher wird darüber geschimpft, dass sie nicht vorhanden ist. Sie ist wie ein Promi, der sich zu selten auf Partys herumtreibt. Doch ohne Usability sind viele Seiten nur ein Dead End und die Nutzererfahrung wird zu einer schlechten Erfahrung – verloren im Nirvana des (Karriere-)Web.

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Nur wenige Sekunden entscheiden darüber, ob ein Benutzer (und potenzieller Bewerber) bouncen wird, denn er gibt einer Seite maximal eine Minute. Ist die Usability schlecht, springt er nach 5–10 Sekunden ab und Ihr habt ihn vermutlich für immer verloren.

UX-Chic – mehr Mut zur Benutzerfreundlichkeit

Abgesehen davon, dass auch Webseiteninhalte User verschrecken können, ist ein schlüssiges Webdesign das Minimum, das Ihr Euren Usern bieten könnt – und solltet! Klare Strukturen müssen weder hässlich noch langweilig sein, betrachtet man z. B. einmal den Goldenen Schnitt in der Kunst. Wir suchen alle unterbewusst nach Ästhetik und die ist viel enger an Logik gekoppelt, als man denkt. An dieser Stelle werde ich nun ein bisschen aus meinem UX-Nähkästchen plaudern: Voilà!

Create Content, they said. It will be fun, they said.

Der erste Schritt zu einer userfreundlichen Karriereseite ist, sich über die Inhalte klar zu werden, diese Menüpunkten zuzuordnen (z. B. auch durch Methoden wie Card Sorting) und eine daraus resultierende, schlüssige(!) Navigation zu entwickeln. Hierzu sollte man zwingend unternehmensfremde Personen befragen. Diese müssen nicht nur Texte nach kuriosen internen Buzzwords durchforsten, sondern auch die Evidenz mit einer gewissen Distanz überprüfen.

Gut navigiert ist halb gewonnen

Im Web gilt nicht „Wer vom Weg abkommt, lernt die Gegend kennen“ oder „Der Weg ist das Ziel“, sondern das Ziel ist das Ziel. Und das will schnell erreicht werden.

Stellt Euch vor, Ihr geht zum Bäcker und wollt ein Brot kaufen, aber man gibt euch stattdessen eine Broschüre über biologisch-dynamische Getreidesorten. Das ist schön, bestimmt ein toller USP für den Backwarenladen an der Ecke, aber hungrig seid Ihr immer noch. Ihr verlasst den Laden also relativ frustriert und mit überflüssigen Informationen.
Passt auf, dass das Euren Usern nicht passiert.

Usability hilft dem User, sich auf der Karriere-Webseite zurechtzufinden.

Werdet Euch gewiss über ihre Intentionen und gebt ihnen kurze und überschaubare Navigationswege. Lagert keinen wichtigen Content aus in dubiose Download-PDFs oder versteckt ihn im Menü des Menüs vom Menü des Untermenüs – das ist Quatsch. Wenn ein User die Informationen, die er sucht einfach nicht findet, dann geht er – und zwar vermutlich auf die Seite der Konkurrenz.

Ein Herz für CI

Wenn Inhalt und Navigation stehen, geht es an die Optik: Hier heißt das erste Stichwort CI. Die Corporate Identity setzt sich aus 4 Punkten zusammen: Corporate Behaviour, Corporate Communication, Corporate Culture und Corporate Design. Mit Letzterem werde ich mich nun kurz befassen.

Eure Webseite (egal ob Unternehmensseite, Karriereseite, Microsite) sollte primär nach Euch aussehen. Eure Logofarben sind Blau und Weiß – aber die Abteilungsleiterin hat gesagt, sie mag Lila? Nein. Eure selbst fotografierten Fotos waren für den Messeflyer noch in Ordnung, aber für die Website tendiert Ihr doch eher zu Stockfotos? Auch eher nein, es sei denn, Ihr verwendet diese hier.
Eine Bekannte einer Freundin eurer Mutter hat da in PowerPoint schon mal etwas vorgestaltet? Nein. In Comic Sans? Nein. Nein. Nein.

Holt euch jemanden ins Boot, der Ahnung hat. Und lasst am Ende im Optimalfall alles von Personen aus der Zielgruppe testen. Niemand kennt die Bedürfnisse der Zielgruppe so gut wie die Zielgruppe selbst. Falls Mitarbeiter, welche in das Projekt involviert sind, ganz zufällig theoretisch auch irgendwie zur Zielgruppe gehören könnten: leider noch ein Nein von mir. Jeder, der an einem Projekt mitarbeitet, verliert sehr schnell die Objektivität, was fatale Folgen für die tatsächlichen User haben kann.

Die Corporate Identity ist Teil einer guten Usability.

Generell gilt: Bleibt so authentisch wie möglich. Das ist sehr wichtig für Eure Wiedererkennung. Falls Ihr das Gefühl habt, Ihr tretet auf der Stelle, was Eure Arbeitgebermarke angeht, dann helfen wir Euch gern mit einem nigelnagelneuem Employer Branding.

Natürlich ist es legitim, dass sich Webseiten in einem gewissen Rahmen von anderen Medien unterscheiden. So funktionieren zum Beispiel viele Farben aus dem Printbereich im Webbereich nicht. CMYK-Farbtöne schlicht und ergreifend in RGB-Werte umzuwandeln ist häufig eine schlechte Lösung. Definiert am besten ein Online-Manual oder lasst ein Online-Manual definieren, welches mit Eurem Corporate Design einhergeht. Es gibt viel zu beachten: Layout, Raster, Farben, Farbkontrast, Schrift, Lesbarkeit, … Wenn Ihr generell mit Eurem Look nicht mehr zufrieden seid, dann wagt eher einen Relaunch als wilde Experimente.

Und bitte: Liebt Euer Corporate Design – die User werden es Euch danken! (Der Designer, der es entwickelt hat, vermutlich auch.)

UX ist überall

Weltweit nutzen über 3 Milliarden User das Internet, in Westeuropa sind 79% aller Menschen online. Schon im Jahr 2013 wurden mehr Smartphones als Nicht-Smartphones verkauft. Jeder, der warum auch immer noch daran gezweifelt hat, kann nun endgültig den Gedanken verwerfen, das mobile Internet sei nur ein Trend. Nicht zuletzt der Global Internet Report 2015 von Internet Society belegt diesen unumgänglichen Sachverhalt. Selbst mein Opa hat ein Smartphone, „das beugt Arthrose vor“ – und von den jüngeren Generationen müssen wir gar nicht erst sprechen. Die verabreden sich über Whatsapp für „später aufm Spielplatz“. Also stellt unbedingt sicher, dass Euer Corporate Design sich auch auf mobilen Devices hervorragend macht.

Was die Jobsuche angeht, sind sogar 20% der Bewerber aktiv mobil unterwegs, um sich nach Stellen umzuschauen. Achtet deswegen unbedingt darauf, dass Eure Formulare ebenfalls mobiloptimiert sind – Ihr verpasst sonst einige gute Bewerber. Bereitet Ihnen eine schöne Candidate Experience indem Ihr ihnen den Weg ebnet.

Die Candidate Journey bestimmt das Usability-Konzept.

Make the button bigger

Und noch ein Geheimtipp: Der obligatorische „Call To Action“-Button funktioniert nicht unbedingt besser, wenn er pink ist, unendlich groß und glitzert. Das ist ein Irrglaube.
Der Button sollte schon eine solide Größe haben (vor allem mobil – für Patschefinger) und sich einer Farbe bedienen, die auf der übrigen Seite wenig oder gar nicht verwendet wurde, muss aber keinen optischen Schock hervorrufen. Außerdem ist es wichtig, bei Buttons auf eindeutige Texte zu achten. Kein User navigiert sich gern irgendwo hin. Texte wie „Los“ oder „Hier klicken“ machen den Benutzern eher Angst, als dass sie sich tatsächlich zum Klicken animiert fühlen.

Werft einen kritischen Blick auf Eure CTA-Buttons.

In diesem Sinne: Habt einen UXellenten Tag!
Falls Ihr Fragen habt, oder möchtet, dass jemand mal Eure Karriereseite testet (nicht mein Opa!), dann schreibt uns.

MIST! – Mobile, Info, SEO und Traffic

Heute geht’s um Grundlagen! Grundlagen Eurer Karriereseiten, die wir schon häufig erwähnt haben – trotzdem müssen wir immer wieder erschreckende Fehler beobachten. Deshalb möchte ich heute in unserem Karriereseiten 1×1 noch einmal auf vier Basics funktionierender Karriereauftritte im Internet eingehen.

1. Zahlen, Zahlen, Zahlen

Ich weiß, es klingt mühselig, langweilig und trocken. Aber nur wenn Ihr Eure Zielgruppe kennt, versteht und „verfolgt“, könnt Ihr angemessen auf sie reagieren und Euch sicher sein, ob Eure Karriereseite funktioniert.

Im besten Fall lasst Ihr Euch regelmäßig von Eurer entsprechenden Abteilung Reports über Eure Besucherzahlen, die Traffic-Quellen und natürlich die resultierenden Online-Bewerbungen geben. Fühlt sich dafür aufgrund der Unternehmensgröße oder anderer Faktoren noch keine Abteilung zuständig, sollte das schnellstens geändert werden. Mittlerweile gibt es zahlreiche, wirklich gute Tools, um Eure Besucherströme zu messen. Abgespeckte Versionen sind auch kostenlos verfügbar und können wie im Fall von SimilarWeb bereits einen groben Überblick liefern. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Möglichkeit, sich auch die Seiten der Konkurrenz mal genauer anzugucken. Auch im Personalmarketing lassen sich auf diese Weise Trends abbilden und nutzen.

2. Euer Informationsangebot

In der Regel habt Ihr als Arbeitgeber nicht mehr als eine Minute Zeit, um potenzielle Bewerber mit Eurer Karriereseite zu überzeugen. Diese kurze Zeit sollte effektiv genutzt werden. Brauchen Jobsuchende tendenziell bereits eine Minute, um sich mühsam in Eurer Navigation zurechtzufinden, ist die Show schnell gelaufen.

Die Bedürfnisse der potenziellen Bewerber sind dabei meist gar nicht so mysteriös und komplex, wie Ihr vielleicht denkt. Ein Bewerber möchte schnell wissen, was Eure Firma auszeichnet, sie von anderen Arbeitgebern unterscheidet und wieso er sich genau dort bewerben sollte. Eure Karriereseite muss also in möglichst kurzer Zeit den Wunsch erwecken, unbedingt Teil Eures Teams werden zu wollen. Dabei geht es eher um die Vermittlung von Emotionen als um seitenlange Erläuterungen eines „innovativen Arbeitsumfelds“, „täglich wechselnder, spannender Herausforderungen“ und eines „gerechten, leistungsorientierten Vergütungsmodells.“ 😉

Natürlich müsst Ihr erfüllbare Erwartungen wecken. Der Steuerberater von nebenan sollte wohl genauso wenig mit täglichen Beachpartys werben wie ein Bademodenhersteller mit Skifahrern. In der Produktwerbung scheinen solche Grundsätze selbstverständlich, aber wenn es um Personalmarketing geht seltsamerweise nicht. Ihr solltet Eure individuelle Zielgruppe also durch Euren individuellen Charakter überzeugen. Ein sehr gelungenes Beispiel für diese Art der Zielgruppenansprache könnt ihr auf der Karriereseite von Sky Deutschland beobachten.

3. SEO

Das Thema Suchmaschinenoptimierung scheint bei vielen noch immer für Gänsehaut zu sorgen. Bei mir persönlich sorgt das Thema meist für bloßes Unverständnis, wenn ich sehe, wie viele Unternehmen auf kostenlosen Traffic verzichten. Auf der einen Seite wird viel Geld für Inserate in Jobbörsen bezahlt, auf der anderen Seite sind die Stellenanzeigen der Karriereseite über Google und Co. nicht auffindbar. Passt in meinen Augen nicht ganz zusammen.

Wenn Ihr für Euer Unternehmen in Hamburg einen Bambusbaumprofessional (m/w) sucht, wäre es dann nicht praktisch, dass Leute, die bei Google „bambusbaumprofessional hamburg“ eingeben, direkt Euer Stellenangebot angezeigt bekommen? Wenn Euer Stellenangebot dann auch noch in Euren Karrierebereich integriert, nicht auf ominöse andere Seiten ausgelagert ist und Ihr möglichst auf wirre Dinge wie iFrames verzichtet habt, dann könnten sich Bewerber sogar direkt auf Eurer Karriereseite über Euer Unternehmen informieren.

4. Mobiloptimierung, bitte!

Ich werde an dieser Stelle natürlich nicht schon wieder Argumente wie die Einführung der Mobiloptimierung als Rankingfaktor von Google oder unsere zahlreichen Mobile Recruiting Studien aufzählen, um zu betonen, dass die Mobiloptimierung Eurer Webseite inklusive des gesamten Karrierebereichs wirklich wichtig ist. Auch werde ich nicht erwähnen, dass bei allen denkbaren Argumenten, wohl die „Sorge“ um die eigenen Bewerber voll und ganz ausreichen sollte, um Ihnen ein angenehmes Nutzererlebnis ermöglichen zu wollen.

Was ich sagen kann, ist, dass ich immer noch täglich nicht mobiloptimierte Unternehmens- und Karriereseiten finde und das nicht zu knapp. Wie genau die Lage der deutschen Unternehmen derzeit aussieht, könnt Ihr in unserer Online Recruiting Studie nachlesen. Vielleicht tut sich an dieser Front dann ja auch noch was. Schön wäre es.

Fazit

Zum Abschluss muss klar sein, dass es sich bei den vier genannten Aspekten wirklich um die elementaren Grundlagen einer nicht zum Scheitern verdammten Karriereseite handelt. In den Tiefen können noch so interessante Stellenangebote auf Eurer Seite versteckt sein, aber ohne die Beherzigung dieser Grundbausteine wird der Großteil der Jobsuchenden diese Schätze niemals finden.

Demografischer Wandel und Standortattraktivität in Deutschland

Angeregt durch ein Gespräch über Standortattraktivität als Wettbewerbsfaktor im Arbeitgebermarketing habe ich mir die Frage gestellt, wie Unternehmen im Kontext des demografischen Wandels strategischen Handlungsbedarf erkennen und konkret angehen können. Dabei kam mir die frisch aktualisierte Bevölkerungsvorausberechnung des “Wegweiser-Kommune”-Projekts gerade recht, in der die Bertelsmann Stiftung den demographischen Wandel bis 2030 für alle deutschen Kommunen mit mehr als 5000 Einwohnern analysiert hat.

Wie Ihr den demografischen Wandel Eurer Region analysiert

Im Folgenden zeige ich, wie Ihr die Folgen des demografischen Wandels für Eure Region und Euer Unternehmen analysiert. Da die Untersuchung die Stadt-Land-Lücke erneut bestätigt hat und der demografische Wandel Arbeitgeber abseits der Städte erfahrungsgemäß besonders hart trifft, nehme ich dabei zwei Landkreise als Beispiel. Dazu habe ich mir den Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern und den Ortenaukreis in Baden-Württemberg herausgesucht. Beide Regionen können (wie viele andere) mit geografischen Vorzügen werben, wirtschaftlich dürfte die Ortenau im Vorteil sein.

Um zu sehen, wie der demografische Wandel an Eurem Standort ausfällt, gebt Ihr auf wegweiser-kommune.de Euren Landkreis oder Eure Stadt ein und wählt die gewünschte Statistik. Zur Wahl stehen Kommunale Daten, Bevölkerungsprognose, Wanderungsprofile, Demografietypen, Bevölkerungspyramide und Altersstrukturanalyse. Persönlich finde ich die Altersstrukturanalyse für die Beurteilung des Fachkräftesicherungsbedarfs am hilfreichsten und empfehle Euch die Analyse damit zu starten.

Für Ludwigslust-Parchim zeigt sie schon auf den ersten Blick mehr als deutlich, welche immensen Herausforderungen Recruiter in Mecklenburg-Vorpommern in den nächsten 15 Jahren (und darüber hinaus) stemmen müssen, um an Fachkräfte zu gelangen (und sie zu halten). Bis 2030 schrumpfen alle arbeitsmarktrelevanten Altersgruppen zwischen 19 und 65 Jahren zwischen 25 und 30 Prozent:

Altersstruktur-Ludwigslust-Parchim

Im Ortenaukreis sieht die Lage insgesamt etwas entspannter aus, allerdings schrumpft auch hier die Altersgruppe der 19-24jährigen um über 20 Prozent.

Altersstruktur-Ortenaukreis

Um zu sehen, ob der Trend schon eingesetzt hat und die Handlungsdringlichkeit einzuschätzen, empfehle ich Euch anschließend einen Blick auf die Wanderungsbewegung Eurer Region zu werfen. Für ein vollständiges Bild achtet darauf, dass Ihr dabei beide Geschlechter auswählt. Dabei seht Ihr in absoluten Zahlen für jeden einzelnen Altersjahrgang den Wanderungssaldo. Die Zahlen sind Mittelwerte der Jahre 2009-2012.

Auch wenn die Zahlen absolut vielleicht weniger bedrohlich erscheinen, zeichnet sich hier für Ludwigslust-Parchim kein gutes Bild:

Wanderungsprofile aus Parchim von Frauen und Männer

Der mecklenburgische Landkreis hat von 2009 bis 2012 über 1000 potenzielle Jung-Arbeitnehmer verloren. Der Vergleich zum Wanderungsprofil der Ortenau, die lediglich Verluste bei den 19-24jährigen verzeichnet hat, lässt zusammen mit den beiden Altersstruktur-Statistiken vermuten, dass es dem Ortenaukreis besser gelingt, den vermutlich ausbildungsbegründeten Abgang junger Menschen im Zeitverlauf auszugleichen.

Wanderungsprofile aus Ortenaukreis von Frauen und Männer

Wie Ihr die Standortattraktivität Eurer Region bewertet

Dankbarerweise seid Ihr bei der Bewertung Eurer Standortattraktivität im Vergleich zu anderen Regionen nicht auf statistische Kaffesatzleserei angewiesen, wie ich sie gerade von mir gegeben habe. Dazu nutzt Ihr den Zukunftsatlas 2013 des Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos, der alle 402 Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands im Standort-Wettbewerbt rankt. In Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt ist daraus eine tolle interaktive App entstanden, in der sich einzelne Kreise und Städte miteinander vergleichen lassen.

Standortattraktivität von Ortenaukreis und Parchim

Glücklicherweise stützt das Ergebnis meine Kaffeesatzleserei, denn der Zukunftsatlas 2013 rankt den Ortenaukreis im Standortwettbewerb auf Platz 131 von 402, den Kreis Ludwigslust-Parchim dagegen leider nur auf Platz 379.

Und jetzt freue ich mich auf Euren Input! Wie steht Euer Standort im innerdeutschen Wettbewerb da? Wie geht Ihr im Recruiting mit Standortnachteilen um? Hilft der Aufbau einer Arbeitgebermarke Standortnachteile auszugleichen? Welche Maßnahmen kennt Ihr noch? In einem Folgeartikel werde ich einige Ansätze zur Fachkräftesicherung durch Standortmarketing zeigen, die in Deutschland schon angewandt werden und nehme dazu gerne Eure Anregungen auf.

Von Recruitingvideos und Weißwangengänsen

Ist Euch auch so schrecklich warm wie uns? Wir schmelzen in unseren Büros dahin. Als Hamburger ist man Temperaturen über 20 Grad einfach nicht gewohnt 😀 Deshalb schicken wir Euch heute mit einem leicht verdaulichen Blogartikel in das Wochenende. Wir möchten Euch ein Paradebeispiel eines gelungenen Recruitingvideos zeigen, das nur so strotzt vor Authentizität. Das neue Video des Münchner Recruiting Dienstleisters Avantgarde Experts bietet wirklich alles – von Futur II, über Weißwangengänse, bis hin zu textsicheren Geschäftsführern. Produziert wurde das Video übrigens von der Filmproduktionsfirma al Dente Entertainment, die auch für den wundervollen Imagefilm “S’Lebn is a Freid!” verantwortlich sind. Wir wünschen Euch viel Spaß mit diesem sehr gelungenen Video. Wir haben es uns gleich mehrfach angesehen 🙂

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High Five und ein schönes, sonniges Wochenende!

People Analytics: wie Google Daten für die Personalarbeit nutzt

People Analytics ist aktuell eines der heißesten HR-Trendthemen. Wie so häufig, ist Google dabei einer der Pioniere, was nicht zuletzt an der datengetriebenen Ingenieurskultur bei Google liegt. Letztes Jahr habe ich Euch schon vorgestellt, wie Google-Verantwortliche im Bestreben um Gerechtigkeit mit einer Formel über Beförderungen entscheiden. Heute möchte ich Euch drei weitere Cases vorstellen, in denen Google mithilfe von Datenanalysen bessere HR-Entscheidungen trifft.

Die Kerneigenschaften erfolgreicher Manager

Eine der zentralen Kernfragen in der Führungskräfteentwicklung lautet: Was zeichnet einen guten Manager aus? Ausgehend von der kulturgetriebenen Hypothese, dass einen guten Manager vor allem umfassende Fachkenntnis auszeichnet, hat Google tausende Feedbackgespräche ausgewertet, in denen Mitarbeiter ihre Manager beurteilt haben und deren Aussagen mit Performance-Werten angereichert. Herausgekommen ist dabei folgende Liste mit 8 Eigenschaften erfolgreicher Führungskräfte.

8 Eigenschaften erfolgreicher Google Manager

Diese Liste mag für viele von Euch keine großen Überraschungen enthalten. Aber anders als das durchschnittliche Personaler-Bauchgefühl basieren sie eben auf Daten tausenden von Feedback-Gesprächen und Performance-Reviews, was zumindest in meinen Augen mehr Substanz verleiht.

Welche Einstellungspolitik ist am besten für die Organisationsentwicklung?

Im Rahmen des organisatorischen Reifeprozesses kam bei Google die Frage auf, wie sich die Einstellungspolitik auf die weitere Organisationsentwicklung auswirken würde. Konkret gingen die People Analytics Manager bei Google dabei der Frage nach, ob es strategisch besser für die Organisation wäre, Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen, durch Neueinstellungen auf demselben Senioritätslevel zu ersetzen oder stattdessen lieber auf jüngere Neueinstellungen zu setzen.

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Angesichts der finanziellen Erfolgsbilanz gehe ich davon aus, dass diese Frage nicht wie in vielen anderen Unternehmen vom Controlling angeregt wurde, und es dabei um ein besseres Verständnis der Steigerung von Motivationsanreizen und Mitarbeiterperformance ging. Als Ausgangshypothese dienten dabei folgende drei Szenarien:

Zusammenhang von Beförderungen, Organisationsentwicklung und Einstellungspolitik

Das Ergebnis der Analyse führte dann zu einer Änderung der Einstellungspolitik zugunsten jüngerer Mitarbeiter, denen man so eine bessere Perspektive bieten konnte, als das im Falle der Nachbesetzung von Mitarbeitern gleichen Senioritätsgrade der Fall war. Auswirkungen der Einstellungspolitik

Mythbusters oder warum werden immer die anderen befördert?

Der dritte Bereich, dem Google mittels Daten an den Kragen gegangen ist, sind Mitarbeiter-Mythen. Dabei handelt es sich um Thesen wie “Immer werden bei der Beförderung die Kollegen aus der Zentrale bevorzugt” und ähnlich gelagerte Vorurteile, die die Mitarbeitermotivation beeinträchtigen und sich schlimmstenfalls in einer höheren Fluktuationquote niederschlagen.

Mitarbeiter-Mythen bei Google

Um dem Wahrheitsgehalt dieser Vorurteile auf den Grund zu gehen, kam dabei wie auch bei den anderen Fragestellungen folgender Prozess zum Einsatz: Analyseprozess datengetriebener HR-Entscheidungen

Das Ergebnis hat die Vorurteile nicht nur widerlegt, sondern dank fokussierte Mitarbeiterkommunikation grundsätzlich damit aufgeräumt. Die folgende Folie zeigt dabei gleich nochmal den Gesamtprozess von People Analytics anhand dieses einfach nachvollziehbaren Falles.

Mythbuster Ergebnis

Wenn Ihr noch besser verstehen wollt, wie Google an People Analytics herangeht, empfehle ich Euch folgendes Vortragsvideo.

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