CareerBuilder hat sich ordentlich Gedanken über die Bewerber gemacht. Analysiert, befragt, ausgewertet und nun den “2015 Candidate Behavior” Report rausgehauen. In dem Germany-PDF zum Herunterladen findet Ihr 57 Charts, kein Wort Erklärungstext, keine Angaben zur Stichprobe, Methodik usw. Ich schau mir das Ganze dennoch jetzt mal fix an und fasse die für mich interessantesten/auffälligsten Erkenntnisse zusammen. Vielleicht ist auch für Eich etwas dabei.
Auf “meiner” ersten Auswertung zu den Motiven der Jobsuche fällt sicherlich als erstes “GELD” auf. Das Einkommen wurde von mehr als 50% als Hauptmotivation für die Jobsuche angegeben. Ich finde allerdings eine andere Zahl wesentlich spannender und zwar die 6%, die sich aufgrund einer zufällig bemerkten Anzeige zur Jobsuche entschlossen haben. Daraus folgere ich:
- man kann passive Kandidaten mit einer Anzeige ansprechen
- das funktioniert wohl am besten, wenn man eine Anzeige möglichst vielen (passenden) passiven Kandidaten unter die Nase hält
- das kriegt man vermutlich ganz gut mit Kampagnen hin, die den Nutzer plattformübergreifend verfolgen bzw. auf Plattformen stattfinden, die nicht direkt mit der Jobsuche zu tun haben
Macht diese Interpretation für Euch Sinn? Schaut Euch dazu gerne den letzten Part des Bundeswehr-Posts von letzter Woche an.
Etwas schräg fällt aus meiner Sicht die Auswertung der verwendeten Ressourcen/Plattformen aus. Hier stehen Zeitungen (Print!) ganz oben, CarrerBuilder selbst ganz unten (sorry, Jobscout gehört ja auch dazu). Karriere-Webseiten, LinkedIn, Xing, Facebook sind irgendwie auch dabei und gut verteilt. Die Tatsache, dass ausgewählte Jobbörsen einzeln, die Jobsuchmaschinen dagegen aggregiert dargestellt werden, erscheint ein wenig seltsam. Erfreulich dagegen ist, dass sie als Antwortoption überhaupt aufgenommen wurden und eine gute Position belegen. Weiterhin fehlen hier Suchmaschinen wie Google, die inzwischen fleißig für die Jobsuche verwendet werden.
Vermutlich wollte man hier die Befragten nicht irritieren, dann sie wahrscheinlich erst dank Google zu vielen der unten angeführten Quellen gelangt sind.
Ach, und bevor nun die Zeitungsverleger unter uns zu jubeln beginnen, muss ich leider eine weitere Statistik aus einer anderen Quellen bemühen. Trotz des sensationellen Abschneidens der Zeitungen in der vorliegenden Studie, über die sich Rupert Murdoch sicher gefreut hätte, glaube ich persönlich nicht an eine Wiedergeburt des Mediums. Die Entwicklung der Auflagen und der Werbeeinnahmen marschiert unaufhaltsam Richtung Norden.
Im Rahmen ihrer Jobsuche durchlaufen die Suchenden bis zur Entscheidungsfindung mehrere Informations- und Kommunikationspunkte. Die folgende Auswertung kann als eine Art Gewichtung dieser Punkte bei diesem Prozess interpretiert werden. Was/wer wird häufig konsultiert und was eher selten. Interessant für mich persönlich sind die Grenzen des Intervalls.
Laut diesem Report ist die Karriere-Webseite die mit Abstand wichtigste bzw. die am häufigsten konsultierte Ressource bei der Entscheidungsfindung. Unternehmensbewertungsprotale, fast etwas überraschend für mich, spielen auf den ersten Blick eine eher geringere Rolle. Wobei die Zahl 0.8 hier wohl bedeutet, dass etwa 80% aller Befragten bei ihrer Jobsuche mindestens ein Mal ein solches Portal aufsuchen. Habe ich Recht? Dann relativiert sich die Schwäche.
Die Jobbörsen habe ich übrigens einfach mal so markiert,…um den Abstand zu den Webseiten zu verdeutlichen.
Irgendwie seltsam, dass in diesem Chart nun keine Zeitungen mehr auftauchen. Irgendjemand eine Erklärung?
Mobile ist natürlich ein wichtiges Thema. Wie CareerBuilder herausgefunden hat, bewerben sich einige tatsächlich auf mobilen Geräten. Immerhin 14% der befragten. Interessant sind die Angaben zu den Gründen, sich nicht mobil zu bewerben. Die drei grün markierten Gründe lassen sich übrigens durch eine entsprechende Gestaltung der Karriere-Webseite bzw. des Bewerbungsprozesses ausschließen.
Jetzt kommt die Bombe. Auf die Frage, wie sich eine nicht mobil-optimierte Seite auf die Wahrnehmung des Unternehmens auswirkt, antworten 6% mit “eher positiv” und “sehr positiv”. Liebe Leute, auch als großer Freund von mobil-optimierten Seiten kann ich mit den Ergebnissen insgesamt leben. Aber wer wurde hier befragt?! Bitte glaubt diesen verlorenen Seelen nicht.
An dieser Stelle mache ich Schluss und überlasse die weitere Analyse jedem selbst. Der Report erinnert mich zunehmend an einen meiner ersten Schülerjobs in der Marktforschung, als ich die vielen Fragebögen vor dem heimischen TV schön selbst ausgefüllt habe. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass hier “504 WORKERS IN GERMANY” von einem Marktforschungsinstitut (Inavero) befragt wurden.
Nichts für Ungut CareerBuilder, dieses Werk hält leider nicht das, was es auf den ersten Blick verspricht. Und das nicht aufgrund der Ergebnisse, die mir hier und da nicht in den Kram passen, sondern aufgrund der fehlenden “Liebe zum Detail”. An manchen Stellen gibt es durchaus interessante Impulse, die durch die Ungenauigkeit und Unschlüssigkeit an anderen leider verwässert werden.
Für mich persönlich bleibt hier meine erste Beobachtung bzgl. passiver Kandidaten noch die interessanteste. Zum Thema Karriere-Webseite, mobile Bewerbung etc. verweise ich lieber auf die die Candidate Experience Studie 2014 von Christoph Athanas von metaHR und Prof. Peter M. Wald.