[HTTP410] Arbeitsmarkt 2025: Fachkräftemangel lässt keine Entspannung erwarten

Das Potential an Erwerbspersonen wird einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge bis zum Jahr 2020 um 1.8 Millionen abnehmen – Fachkräftemangel. In den darauf folgenden fünf Jahren wird sich diese Rückentwicklung wiederholen, sodass zum Jahr 2025 nochmal 1.8 Millionen Personen aus dem Pool der potentiellen Arbeitnehmer schwinden werden.

Verhältnis Angebot und Bedarf an Arbeitskräften

Die IAB stellt bei ihrer Prüfung dem erwarteten Angebot an Arbeitskräften den zu erwartenden Bedarf selbiger gegenüber. Bei einer solchen Rechnung ergibt sich auf den ersten Blick eine Entspannung des Arbeitsmarktes:

Übersicht ausgewählter ArbeitsmarktgrößenGrafik: IAB

Dem prognostizierten Erwerbspersonenpotenzial von 41.1 Millionen stünden 39,7 Millionen Erwerbstätige gegenüber. Dadurch würde die gesamte Unterbeschäftigung rein rechnerisch bis 2025 auf unter 1,5 Mio. Personen sinken.

Arbeitsmarktbilanz und Unterbeschäftigung in Deutschland 1995 bis 2025Grafik: IAB

Fachkräftemangel besonders in Technologie- und Dienstleistungbranchen

Auch wenn in den Medien dies schon als frohe Botschaft kommuniziert werden möchte, darf nicht vergessen werden, dass ein Großteil der angebotenen Arbeitsplätze mit qualifiziertem Personal besetzt werden muss. Die Branchenübersicht der Wachstumspotentiale des McKinsey-Reports zu den Zukunftsperspektiven für die deutsche Wirtschaft 2020 zeigt deutlich, dass nationales Wirtschaftswachstum eng mit der Technologie- und Dienstleistungsparte zusammenhängt.

Branchenübersicht zum Anteil einzelner Sektoren an der GesamtbeschäftigungGrafik: McKinsey

In diesen Bereichen braucht man hochqualifizierte Arbeitskräfte um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Nur wenn diese sich aus dem Bewerberpool rekrutieren lassen, kann man von einer Entspannung des Arbeitsmarktes ausgehen. Die entsprechenden Prognosen zum Fachkräftemangel werden gespeist aus den Aussichten des demografischen Wandels und stetig abnehmender Berufsqualifizierung.

War for Talents

Der War for Talents ist bis jetzt noch nicht einmal in seiner heißen Phase: Wenn die ersten Unternehmen aufgrund von fehlendem Fachpersonal die Türen schließen müssen, wird in der Folge die gesamte Wirtschaft geschwächt. Von Entspannung kann also keine Rede sein.

Kienbaum macht ernst: Social Media Consultant gesucht

Die Kommunikations-Tochter Kienbaum Communications des Personalberater-Urgesteins  Kienbaum hat sich insbesondere im Bereich Personalmarketing und Employer Branding einen Namen gemacht. In Zukunft setzt das Unternehmen in diesen Disziplinen verstärkt auf das Web 2.0.

Unter dem Hinweis “Kienbaum Communications auf Wachstumskurs” wird derzeit ein “Senior Consultant (m/w) Online & Interactive” gesucht.

Der soll sich in Sachen Web 2.0, Social Media, Blogs, RSS, Mobile Marketing, SEO etc. bestens auskennen und die Social Media Aktivitäten von Kienbaum Communications (z. B. in Facebook und Twitter) vorantreiben. Das wird höchste Zeit: Weder auf Twitter, noch bei Facebook ist Kienbaum bisher mit einer eigenen Präsenz vertreten, was dem eigenen Employer Branding nicht unbedingt zum Vorteil gereicht. Denn nicht nur Kunden wollen sich in dialogorientierten Medien über Haus und Angebote informieren, auch potentielle Mitarbeiter sind derzeit auf die Kommunikationsplattformen Dritter angewiesen um sich beispielsweise über den Ablauf eines Praktikums zu informieren:

Die Folge: Ist ein Unternehmen selbst im Web 2.0 aktiv (sei es durch ein Social Media Monitoring und ein offizielles Auftreten in dieser Diskussion, oder durch eine Verlagerung des Gesprächs auf die eigene Plattform – z.B. die eigene Facebook-Fanpage), kann falschen Vermutungen oder negativen Äußerungen vorgebeugt werden.

Deutlich wird hier wieder einmal: Auch wer nicht selbst in Social Media aktiv wird, ist dort präsent. Und jeder weiß, dass insbesondere gegen jene, die “gerade nicht da” sind, gerne vom Leder gezogen wird, wenn sich die Gelegenheit bietet. Der so entstehende mittel- und langfristige Imageschaden ist oft weitaus größer, als alle Beteiligten erahnen.

Kienbaum geht es in erster Linie jedoch nicht um die interne Optimierung, vielmehr sollen Kunden von dem frischen Know-How profitieren. In der Stellenanzeige heißt es dazu:

“Den Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit bildet die Kundenberatung, in der neben Fachwissen besonders Ihre Persönlichkeit gefragt ist. Ob bei Karriereseiten im Internet, SEO, SEM, Online-Marketing oder Social Media Strategien – Sie führen die anspruchsvollen Projekte von der Akquisition über die Planung bis zum Roll-Out.”

Wir freuen uns, dass das Thema Social Media im Employer Branding und Personalmarketing  nun auch bei den Großen der Branche angekommen ist und wünschen interessierten Wollmilchsau-Lesern viel Erfolg!

Pics: Kienbaum und cogdogblog

Ausbreitung von Mobile Apps explodiert

Die Nutzung von mobilem Internet nimmt rasant zu. Nicht zuletzt dank der Fülle mobiler Applikationen für alle Lebenslagen steigt der mobile Datenverkehr in einem Ausmaß, dass die ersten Telefonanbieter bereits überlegen, wie sie die versprochen Flatrates wieder limitieren können. Der Analyst Comscore hat in einer neuen Studie die Ausbreitung von Mobile Apps in den Vereinigten Staaten im Laufe des vergangenen Jahres unter die Lupe genommen.

Demnach hat die Nutzung von Mobile Apps im vergangenen Jahr insgesamt um 28% zugenommen. Die Nutzung von Apps für Informationsaustausch und-beschaffung stieg um rund 100% und  Social Media Apps sogar um 240%, 14,5 Millionen US-Amerikaner nutzen inzwischen Social Networking Apps:

Gafik: eMarketer

Insgesamt verwenden fast 70 Millionen US-Bürger mobile Applikationen. Mit Blick auf die aktuellen Wachstumszahlen der iPhone-Version unserer Jobsuchmaschine jobtweet, können wir den Trend zur Nutzung mobiler Online-Apps auch für Deutschland und für den Bereich der Jobsuche bestätigen:

Wer sie noch nicht hat, findet sie (und ihr Android-Pendant) hier.

Pic: William Hook

Weltweit Facebook: Die Entscheidung für ein Social Network

Dass Facebook zugunsten regionaler Netzwerke wächst, ist keine große Neuigkeit. Wer noch von Zeit zu Zeit bei Mein/StudiVZ vorbei schaut, findet immer mehr Nachrichten von Freunden, die nun zu Facebook abgewandert sind und fortan dort zu finden seien. “Man sieht sich…” Selbst die Netzwerke der Internet-Provinz, wie Lokalisten.de oder das ehemals nutzerstärkste Wer-Kennt-Wen.de, verblassen gegenüber Facebooks Wachstum.  Auch wenn sich die Nutzerzahlen noch halbwegs stabil halten, die Anzahl der Karteileichen dürfte rasant wachsen, die der Interaktionen auf den Portalen immer weniger werden.

Dieses Phänomen lässt sich auch global beobachten. “Facebook weiter auf dem Weg zur Weltherrschaft” titelt Create Or Die. Hintergrund: Der Facebook-Ländervergleich des italienischen PR-Bloggers Vincenzo Cosenza. Er stellte die in den jeweiligen Ländern beliebtesten Social Networks anhand einer Weltkarte dar: zuletzt im Dezember 2009:

Ein halbes Jahr später bietet die Karte ein ähnliches Bild: Facebook konnte in Asien und in Europa weitere Staaten gewinnen. Bis auf wenige Ausnahmen halten sich nur China, die ehemaligen Sowjetrepubliken und Brasilien wacker.

Deutlich wird: Facebook verschmilzt die Welt der Social Networker zu einer Einheit. Zumindest gilt dies für die westliche Welt. Doch warum diese Konzentration auf die “westliche Welt”? Bei genauer Betrachtung zeigen sich auch deutliche Parallelen zur jüngeren Geschichte: Es sind jene westlichen Staaten, die in den letzten Jahrzehnten intensive Kontakte pflegten, die sich heute auf ein soziales Netzwerk einigen wollen. Es ist anzunehmen, dass diese Kontakte nicht nur aktueller Natur sind: Emigrierte Freunde und Familienmitglieder werden in den letzten Jahrzehnten sich auf die westliche Hemisphäre (inklusive Australien und Neuseeland) konzentriert haben. Dazu kommen viele Kontakte in den Nahen Osten, den arabischen Raum, und Indien. Logisch, dass sich diese Menschen schnell auf den einen gemeinsamen Anbieter einigen konnten: Es sind die Länder mit der höchsten Reise- und Austauschaktivität. Unzählige Heiraten, Bekanntschaften und Studienaufenthalte haben zwischen diesen Ländern stattgefunden.

Führt man diesen Gedanken fort ist es auch einleuchtend, dass Brasilien (neben Nachbar Paraquay) dann als einzig portugiesisch-sprachiges Land Südamerikas (noch) nicht zu zur Facebook-Familie gehört. In europäischen und nordamerikanischen Schulen lernt man viel eher spanisch als portugiesisch, das Kontaktpotential in spanischsprachige Länder ist dementsprechend höher.

Wenn ein Land noch nicht mehrheitlich Facebook nutzt, bedeutet dies natürlich nicht, dass dieses Soziale Netzwerk dort keine Rolle spielen würde; präsent ist es quasi überall.

Warum ist das alles nicht überraschend?

Facebook-Kontakte basieren meist auf Real-Life Begegnungen. Es sind Verwandte, Freunde, Bekannte oder Geschäftskontakte. Insofern ist diese Karte auch ein Spiegel  für die Intensität der persönlichen Beziehungen zwischen Ländern und Kontinenten.

Genau diese Rolle Facebooks, als Resultat persönlicher Beziehungen, als Spiegel gemeinschaftlicher, realer Netzwerke macht es für uns zum Mittel unserer Wahl, wenn es um effektive und zeitgemäße Maßnahmen für Rercuiting und Employer Branding geht. Es ist nicht die schiere Größe des Netzwerks, die es für Unternehmen interessant macht, diese ist letztendlich nur Symptom seiner Attraktivität. Es ist vielmehr der Wert jedes einzelnen persönlichen Profils, seines Netzwerkes und seiner Aktivitäten dort.

Den “Wert” eines Fans einer Facebook-Page wurde in einer Syncapse-Studie auf $136,38 beziffert. Genauer gesagt: Ein durchschnittlicher Facebook-Fan gibt für seine Marken $71,84 mehr aus als der Nicht-Fan. Zudem Unterscheiden sie sich in der Produkttreue (28% höhere Bereitschaft eine Marke weiter zu verwenden) und im um 41% höheren Willen die Marke weiter zu empfehlen – was sie ja bereits durch das öffentliche Liken das erste Mal getan haben.

Auch wenn es im Personalmarketing nicht darum geht, einzelne Produkte an den Mann zu bringen, so zeigt sich doch, dass das durchschnittliche Facebook Engagement mehr ist als ein Klick und gelegentliches Mitlesen der Informationen in der Timeline. Nicht nur in der persönlichen Beziehung der Nutzer untereinander steckt etwas mehr Herzblut als in anderen Social Networks, auch die Kommunikation mit Unternehmen bekommt vom Nutzer eine höhere Wertschätzung.

Aus diesen Gründen sind wir überzeugt mit Facebook die Plattform unter den aktuellen gefunden zu haben, die sich für Personalmarketing und Employer Branding am besten eignet. Unser jobstriker z.B. greift die oben beschriebenen Ansätze auf und wurde im Hinblick auf die Stärke eines persönlichen Kontakts designt. Uns ist es letztendlich egal, wann in Palo Alto denn nun endlich die halbe Milliarde User verkündet wird; es geht nicht um die Masse und Größe – es geht vielmehr um den Wert jedes einzelnen persönlichen Nutzers und seiner sozialen Aktivitäten online.

Pics: Vincenzo Cosenza und Andrea Schaffer (CC BY 2.0)

Die Belegschaft der Zukunft: Erwartungen an Arbeitsplatz und Arbeitgeber

Flache Hierarchien, dynamische Zeitmodelle und Raum für Persönlichkeit und eigene Kreativität. Sieht so der Arbeitsplatz der Zukunft aus? In vielen jungen Firmen ist das schon heute Realität – sie wurden gegründet von Gleichdenkenden, und deren Ideale wurden dort verwirklicht. Aber wie lange brauchen Traditionsbetriebe um sich umzustellen? Ist das eine Frage des Generationenwechsels an Führungspositionen und somit nur eine Sache der Zeit? Oder ist es vielmehr eine Frage der Unternehmensstrukturen und der gefestigten Abwicklungen?

So unterschiedlich die einzelnen Ansichten in den Unternehmen selbst, so unterschiedlich auch die Auffassungen und Erwartungen der einzelnen Mitarbeiter. Eine us-amerikanische Studie von Spherion erkennt deutliche Unterschiede zwischen dem traditionellen Arbeitsumfeld und dem kommenden, neuen Firmenmilieu.

Deutlich wird, dass sich die Prioritäten der Arbeitnehmer radikal wandeln: Weg vom “Erfüllen” gegen Lohntüte, hin zu engagierter und persönlicher Teilhabe an der gemeinschaftlichen Fortentwicklung des Unternehmens – auch zum eigenen Vorteil. Wenn man die Beweggründe vergleicht, die traditionelle und moderne Arbeitnehmer zu den jeweiligen Stichworten des Arbeitsalltags angeben, sind zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen an den eigenen Job erkennbar:

Während bei kommenden Arbeitnehmern eine offensive, selbstbewusste Einstellung auszumachen ist, spielen bei den traditionellen Zurückhaltung, Unterordnung und Angst eine große Rolle, wenn es um Entscheidungen und Motive geht.

Auch die Ansprüche an den eigenen Arbeitsplatz weichen stark voneinander ab. Während im herkömmlichen Anstellungsverhältnis ein passiver Umgang mit Vorgesetzten und Strukturen vorherrscht, ist die Erwartung junger Arbeitnehmer geprägt von aktiver Beteiligung an der strategischen Planung und flexible Gestaltung der Arbeit:

Was wird sich durchsetzen? In modernen, jungen Firmen ist das nicht wirklich die Frage. Aber wie sieht es zum Beispiel bei konventionellen KMUs aus? Wie können diese junge Talente halten oder gar dazu bewegen, ihre Arbeitskraft bei ihnen zu investieren? Wer sich initiativ engagiert, nicht nur die Nine-To-Five absitzt und unter Umständen selbst noch am Wochenende erreichbar ist, der lässt sich nicht mit einem Obstkorb im Büro zufrieden stellen. Wo liegen also die Präferenzen?

Während Arbeitgeber noch davon ausgehen, dass Management-Klima und das Verhältnis zu Vorgesetzten die wichtigsten Faktoren zu Zufriedenheit am Arbeitsplatz seien, stehen diese bei den Angestellten an hinterer Stelle – sie fordern in erster Linie eine Anerkennung und Wertschätzung im Job und dementsprechend eine angemessene Vergütung.

Pics: mudpig und Spherion

Ich bin ein Mensch – Google-Algorithmus behindert Web-Sourcing

Seit einiger Zeit ist beim Sourcing mit Google ein für Web-Sourcer und andere Poweruser beunruhigendes Phänomen zu beobachten; Google schaltet bei einer Reihe zeitlich eng aufeinanderfolgender Suchanfragen die Suche ab und präsentiert statt den SERPs einen Hinweis auf die Möglichkeit der Versendung automatischer Anfragen durch das eigene Netzwerk.

Es ist keineswegs so, dass ich diesen Screen in den vergangenen Tagen zum ersten Mal gesehen hätte. Wie jeder passionierte Researcher bin ich in den letzten Jahren in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder mit Googles Mechanismen zur Abwehr automatisierter Anfragen in Berührung gekommen.

Und Google wäre nicht Google, wenn für derartige Situationen nicht vorgesorgt worden wäre. Tatsächlich erscheint zusammen mit der Fehlermeldung ein Captcha mit dem Button “Ich bin ein Mensch.” zur Auflösung des Misverständnisses. Meint man.

Leider führen die Eingabe des Capchas und der Claim, ein Mensch zu sein stattdessen, nur zu einem Redirect auf einen weißen Screen. Beim ersten Mal glaubte ich an einen Ladefehler, was sich jedoch leider als Irrtum heraus stellte. Zunächst schien mir auch das kein Grund zur Sorge zu sein, bis die Sperre und der Captcha-Fehler an “Sourcing-Tagen” mehrmals täglich auftraten und ernsthaft begannen, meine Arbeit zu behindern. Und wie sich schnell heraus stellte, war ich nicht der einzige Sourcer, dem Google das Menschsein streitig macht. Geradezu erschreckend war aber die – zugegebenermaßen inoffizielle – Reaktion eines Mitarbeiters der verantwortlichen Abteilung aus dem Google Hauptquartier auf die Frage einer amerikanischen Kollegin nach der Ursache:

“as far as our abuse-detection is concerned: the traffic is not normal, but rather comes in very quickly. Overall, we want to support users who are using search casually (to find information) not to support businesses (which is effectively her use-case).

I think she has three options:

– work more slowly so she doesn’t trigger our abuse rules

– become a “partner” and pay for her searches

– use another search engine which doesn’t have these restrictions

Our abuse rules do evolve over time, so things may get better or worse for her over time.”

Die Saloppheit dieser Aussage und die Abstrusität der “Optionen” macht mich sprachlos und ich hoffe, dass Google in dieser Angelegenheit offiziell zielführender auf die Sorgen seiner Poweruser eingehen wird.

P.S.: Ein bisher bekannter Workaround besteht übrigens im Löschen von Temporary Internet Files und wenn nötig Cookies.

Die Diktatur der Einfachheit – 20 Jahre Online

Sie werden es vermutlich nicht glauben. Was wir heute im Internet erleben und als so neu und spannend empfinden, gab es schon vor knapp 20 Jahren. User Generated Content, Echtzeit-Kommunikation und Social-Media-ähnliche Strukturen prägten schon zu Beginn der 90er Jahre das noch fast strukturlose junge Online Universum. Ich rede z.B. von einer Vielzahl der BBS (Bulletin Board System oder auch Mailbox genannt), in die man sich in fast jeder Stadt mit seinem 14.4 Modem zum Ortstarif einwählen konnte, um Shareware, Midi-Musik und Bilder mit den anderen paar oder paar hunderten Mitnutzern zu tauschen. Es gab das sogenannte FidoNet zum weltweiten Austausch von Nachrichten zu allen möglichen Themen, die man abonnieren konnte, ähnlich wie Blogs heute mit einem RSS Reader abonniert werden. Es gab IRC-Netzwerke, wo man als Chatter tatsächlich in Echtzeit kommuniziert hat und schon damals wichtige und unwichtige Nachrichten in Windeseile erfahren konnte. Und es gab die Online Dienste Compuserve, AOL und BTX (in Deutschland). Jedes für sich ein “Mini-Internet” mit eigenen Konzepten, Strukturen, Regeln und Inhalten, durchaus vergleichbar mit den heutigen Riesen unter den Sozialen Netzwerken. Und genau wie sie bemühte sich jedes der “Mini-Internets” natürlich um eine dominierende Stellung.

Das Online Universum von damals bot insgesamt eine unheimliche Vielfalt. Aufgrund der Zersplitterung, der fehlenden Möglichkeiten des Datentransfers zwischen den oben erwähnten Systemen und anderen, z.B. technischen, Barrieren, war die sinnvolle Nutzung einer Minderheit (von nicht wirkliche coolen Leuten) vorbehalten.

Dann kam der Urknall. Das WWW war plötzlich da, sog innerhalb kürzester Zeit einige brauchbare Teile des ursprünglichen Online Universums auf, pressete sie in das Fenster des Netscape Navigator Browsers, und begrub unter sich, alles was nicht anpassbar war. Die Nutzung, des ab da “Internets”, wurde aufgrund des neuen Standards und der neuen nachvollziehbaren Struktur einfacher und zugänglicher. Während AOL, Compuserve und BTX in ihrer ursprünglichen Form entweder den langsamen Tod starben oder zu Internet Providern mutierten, und die BBS, der Usprung des User Generated Content und der sozialen Online-Kommunikation in der nutzerzahlenmäßigen Bedeutungslosigkeit versanken, wartete das junge (WWW) Internet mit einer nicht enden wollenden Überschwemmung von in vielen Fällen nutzlosen und häßlichen Webseiten zu jedem möglichen Thema auf.

Erstellung und Betrieb eigener Webseiten war gerade für Privatleute durch Hosting und Kits von Anbietern wie GeoCities, Tripod (Lycos) usw. relativ einfach, zumindest verglichen mit dem Aufsetzen einer BBS oder eines Fido Nodes auf dem heimischen PC. Viel mehr Menschen konnten plötzlich an der Entwicklung aktiv teilnehmen. Und das haben sie auch – mit Leidenschaft. Von den Klassennerds hatte zumindest einer plötzlich eine eigene Webpage und erzählte den anderen davon nicht ohne Stolz auf dem Pausenhof: “Wenn Du auch eine bauen willst, komm zu GeoCities! Meine Seite findest Du auf dem ‘SunSetStrip’…”.

Für die überwältigende Masse der Erdbevölkerung war dieses Internet jedoch weiterhin zu undurchsichtig. Als Nicht-Internet-Webseiten-Erbauer konnte man zwar wesentlich einfacher von http- zu http-Adresse springen, als ein paar Jahre davor zwischen BBS, AOL, IRC und Fido, was das Ganze soll, und wie man sich auch in der neuen Struktur als Leihe zurecht findet, war den meisten weiterhin ein Rätsel. Wahrscheinlich auch mit ein Grund für die Fernsehberichte Mitte der 90er, Internet mache krank und abhängig 🙂

Die Kommerzialisierung, die ihren ersten traurigen Höhepunkt in der New Economy Krise fand, und die Indexierung des Internets durch Suchmaschinen, wie Yahoo und Google haben die Nutzung für noch mehr Menschen sinnvoll und praktikabel gemacht. Und dennoch, bleibt das Internet bis Anfang 2000 für immer noch sehr viele Menschen ein undurchsichtiger und einsamer Ort. Als Durchschnittsnutzer springt man mit Google von Seite zur Seite, macht vielleicht sogar Online-Banking, vergleicht Flüge, bestellt Bücher und hofft, dass man nicht zu einem dieser Internet-Betrugsopfer aus Akte 2X/200Y wird.

Aber…man ist irgendwie doch alleine auf der Datenautobahn unterwegs und fährt nur dann raus, wenn man auch wirklich muss. Irgendwas fehlt – das Gemeinschaftsgefühl, das für die meisten Menschen so wichtig ist, um sich wohlzufühlen. Das was sich einige Onliner der ersten Stunde und ihre geistigen Nachkommen auf den immer noch laufenden IRC- und USENET-Servern dieser Welt aus der Vor-WWW-Zeit in die heutige Zeit versucht haben hinüberzuretten. Doch das ist digitaler Underground. Zu kompliziert, zu unpraktisch, zu altmodisch, zu trist, als das man darauf die bunte Zukunft des Internets und das stetige Nutzerwachstum aufbauen könnte.

Web 2.0 heißt nun seit einigen Jahren die laufende Phase der Internetentwicklung. Wirklich 2.0? Ich weiss nicht, ich finde eher die Reinkarnation eines 20 Jahre alten Konzepts der BBS, IRC und FidoNet – verschmolzen und massentauglich gemacht dank den verbesserten technischen Standards. Und das auch nur auf einigen Inseln im weiterhin webeinsnulligen Internet. Wie auch immer, Bezeichnungen spielen keine Rolle. Tatsache ist, User Generated Content und Social Media kann heute jeder und nicht mehr nur die Jungs, die keine Freundin haben. Und das ist auf den ersten Blick gut. Das Internet, oder besser ein Teil davon, wird immer einfacher. Kommt mir das nur so vor, oder hat das Online-Medium in der Tat schon immer die Tür gewählt, durch die sich die höchst mögliche Zahl der Nutzer durchpressen (mitnehmen) läßt?!

Aber wozu der Geschichtsvortrag und diese ganzen Überlegungen?! Nun, ich habe den starken Eindruck, dass die Internetlandschaft heute der Online Landschaft Anfang der 90er erstaunlich ähnelt: Eine Vielzahl an bedeutenden kleineren und größeren Netzwerken mit zum Teil unterschiedlichen Konzepten, eine astronomische Zahl von trotz Suchmaschinen nicht immer einfach zu finden und in vielen Fällen verzichtbaren Webseiten. Klar, alles etwas besser strukturiert, standardisiert, aber dennoch irgendwie zu viel. Wo gehe ich hin, wo sind meine Freunde, wo werden sie tatsächlich bleiben, wo ist mein Video, wo ist mein RSS – Feed, wo ist meine Musik, wo sind meine Spiele, wo sind meine PDFs? Der Durchschnittsnutzer möchte auf diese und viele weiteren Fragen am liebsten nur eine einzige Antwort geben müssen. In den vergangenen Jahren haben sich die meisten Menschen nach und nach mit der Antwort – “im Internet” arrangiert. Aber die ist eigentlich heute schon zu allgemein.

Ähnlich wie Mitte der 90er Jahre stehen wir vor der nächsten Konsolidierung. Es wird ein neuer Standard entstehen, der Ordnung in das Informations-Chaos bringen wird. Die Frage ist, wie könnte so etwas aussehen?! Nun ich denke da an die Entstehung eines “neuen Internets im Rahmen des alten Internets”. Das “neue Internet” wird alles Brauchbare, wie Standards, Formate, Funktionen und Inhalte aufsaugen, in den eigenen Rahmen pressen und das alte Internet völlig überflüssig machen und langsam aussterben lassen, so wie damals in den 90ern. Voraussetzung dafür ist, dass die Nutzung des neuen Internets absolut idiotensicher ist, was man vom heutigem Internet nicht wirklich behaupten kann.

Idiotensicher heißt für mich, Tante Emma, Hänschen Klein und Albert Einstein können die selben Sachen machen. Sie kommunizieren, vernetzen sich, tauschen Bilder, Videos, Musik, Nachrichten, spielen Spiele, bearbeiten Dokumente, verabreden sich, Suchen nach irgendwas, und von mir aus erstellen sie auch eigene unwichtige Seiten, wenn sie nichts besseres zu tun haben. Und das alles ohne Vorkenntnisse. Ein tolles Internet wäre das, oder?!

Mensch, aber das kann man doch schon alles…mit Facebook. Das soll jetzt bitte nicht als Verschwörungstheorie ausgelegt werden, es ist eine technische Tatsache. Schon erstaunlich, dass sich die ganze Welt auf Google wegen Datenschutz Bedenken stürzt, während ein anderes schlaues Unternehmen an der Umgestaltung des ganzen Mediums (Internet Monopol) werkelt. Google hat es in all den Jahren nicht geschafft, ein Gefühlt der wirklichen Vertrautheit zu schaffen und bleibt nachwievor eine Suchmaschine.

Facebook ist viel mehr als das. Für viele Tante Emmas und Hänschen Kleins dieser Welt ist Facebook das erste wirkliche digitale Zuhause geworden, wo sie sich heimisch, wohl und handlungsfähig fühlen. Und sie werden einen Teufel tun, dieses bequeme Häuschen jemals wieder zu verlassen. Eher werden sie die ganze Sippschaft einladen. Und Facebook macht alles, um den Aufenthalt möglichst angenehm zu gestalten. Nach der Einführung der Facebookseiten für jeden im Rahmen des Netzwerks auftauchenden Begriff stellt sich für mich wirklich die Frage, warum ein neuer oder ein bequemer alter Internetnutzer facebook.com in Zukunft überhaupt noch verlassen sollte. Es ist doch alles da.

Ist es denkbar, dass Facebook der Vorgeschmack auf das Internet der Zukunft ist? Facebook als eine Art universelles Betriebssystem für das Internet – wie WINDOWS für unsere PCs. Ein PC ist natürlich auch ohne ein WINDOWS Betriebssystem nutzbar. Z.B. mit einem anderen Betriebssystem, wie Linux, oder auch einem ganz alten wie DOS, jedoch sehr eingeschränkt und unter der Voraussetzung, dass Sie wissen, wie man mit der Kiste auch ohne Bunte Fenster kommunizieren kann. Aber die Mehrheit mag es nun mal verständlicherweise einfach und standardisiert. Warum also nicht auch im Internet?!

Internet Geschichte

Wenn Internet der PC ist und Facebook das nächste Betriebssystem, dann sollten sich Unternehmen Gedanken machen, was das für sie langfristig bedeuten kann.

Was denken Sie?!

(Voraschaubild: “1995 Flatland BBS Menu Screen”)

Auch eine Frage von Zeitmanagement: Online-Video vs TV

Eine neue Studie der European Interactive Advertising Association (EIAA) kommt zu dem Ergebnis, dass 30% der Internetnutzer regelmäßig Bewegtbildangebote online konsumieren – durchschnittlich 13,8 Stunden wöchentlich. Damit verbringen sie mehr Zeit bei TV-On-Demand, YouTube und mit sonstigen Angeboten als vor dem Fernseher. Die gute alte Flimmerkiste hat im Zeitmanagement der deutschen Onliner deutlich weniger Platz und läuft im Schnitt nur noch 12,2 Stunden pro Woche. Da Bewegtbild allerdings sowohl beim Employer Branding als auch im modernen Recruiting eine immer größere Rolle spielt, sollten sich Unternehmen bewusst machen, hier Zeuge einer echten Zeitenwende zu sein: Das Karrierevideo von McDonalds ist eindeutig als TV-Advertising konzipiert und hat kein virales Potential im Netz.

Bei Klick wird dieses Video von den YouTube Servern geladen. Details siehe Datenschutzerklärung.

Es ist Werbung, die nur angesehen wird, wenn es denn sein muss. Das Karrierevideo baut auf den Überraschungseffekt: “Ach sieh mal, selbst bei McDonalds kann man ja richtig Karriere machen und sogar Geld verdienen.”. McDonals umgeht sein unattraktives Arbeitgeber-Image, indem sie sich in die Werbepausen drücken. Nur mit einem Senderwechsel könnte der Zuschauer jetzt ausweichen. Dieses klassische TV-Publikum wird jedoch immer weniger und man wird sich fragen müssen, ob man die gewünschte Zielgruppe noch vor dem Fernseher erreicht. Als ich damals meinen Walkman gegen meinen ersten mp3-Player eingetauscht habe, (vom Discman war ich nie überzeugt und habe auch nie einen besessen) hat sich damit auch mein mobiles Musik-Konsumverhalten grundlegend geändert. Neu war nicht, dass ich nun statt einer 90min Kassette plötzlich 20 ganze Alben dabei hatte. Es war die Tatsache, dass ich früher manchmal Lieder erst nach dem fünften Hören für mich entdeckt hatte. Vorspulen war mühsam, da ertrug ich lieber die 3 Minuten und freute mich auf den nächsten Song. Mit dem Resultat, dass ich manche dieser Songs sehr lieb gewonnen habe und sich die Favoritenlisten mancher Alben mit der Zeit umkehrten. Heute bekommen solche Songs keine zweite Chance, ein Klick und ich bin beim nächsten Lied – drei Klicks und ich bin beim nächsten Album. Und dieses “sich festsehen”, das “bei einem Sender hängenbleiben” ist ein Aspekt des Fernsehens, den ich online vermisse nicht erlebe. Ich lande nicht zufällig bei Kunst & Krempel und ertappe mich plötzlich 20 Minuten später dabei, wie ich enttäuscht darüber bin, dass nun schon die letzte historische Kaffeemühle vorgestellt wurde. Fernsehen bietet einen Informationsquerschnitt, wie es das Internet nur schwer bieten kann. Dort filtert der user seine Quellen vor, wählt, ob der Masse umso sorgfältiger aus und lernt, irrelevantes gar nicht mehr wahrzunehmen. Das ist effektives Zeitmanagement und sorgt für eine spezialisierte Wahrnehmung und Verarbeitung von Information. Zufallsfunde und spannende Entdeckungen macht man so immer seltener. Sollen über Bewegtbild professionelle oder berufsbezogene Inhalte kommuniziert und eine bestimmt Zielgruppe erreicht werden, steht man inzwischen vor der Herausforderung, dass die Konsum-Entscheidung heute aktiv gefällt wird. Man sieht ein Video kaum noch zufällig. Entweder man findet es selbst und entscheidet sich gerade jetzt die Zeit aufzubringen, es auch zu sehen, oder man bekommt es im persönlichen Netzwerk empfohlen – sprich man wird aufgefordert, die Zeit zu investieren, indem Lohnendes in Aussicht gestellt wird. Umso wichtiger wird es also für Unternehmen, Videos direkt zu den gewünschten Rezipienten zu bringen:

“Für Werbetreibende sind diese Zahlen ein Beleg dafür, dass Online Video-Advertising kein reines Trend-Thema mehr ist. Zu Recht hat Online Video-Advertising bei vielen Unternehmen inzwischen seinen festen Platz in den Mediaplänen” Alison Fennah, Executive Director der EIAA

Hierzu müssen die Netzwerkstrukturen der Adressaten analysiert werden, das Video muss an die Zielgruppe angepasst sein. Denn während eine misslungene Homepage zum Beispiel im schlimmsten Fall einen gelangweilten oder belustigten Besucher zurück lässt, so ist der Konsument eines schlechten Clips eher enttäuscht oder gar zornig. Zurecht: Er investiert weit mehr Zeit, kann nicht im Voraus absehen, was ihn erwartet, und ob die relevante Information noch irgendwann kommt. Also harrt er aus, erträgt die Ladezeit und schaut bis zum Schluss. Gnade dem Clip und dessen Schöpfer, wenn er dann immer noch nicht zufrieden gestellt wurde!